Ich liebe dich Martin im Regenbogen 🌈
Das war Miros Liebeserklärung an dich kleiner Hase. Heute am Friedhof, während des Blumen Tauschens, ist ein Regenbogen auf deine Zeichnung von dir gefallen und Jozefina hat es sofort gesehen. Sie wartet auf Zeichen von dir, so wie wir alle. Heute war, wie schon die letzten Wochen über, ein sehr schwerer Tag. Alles in mir schreit noch immer.
Wenn ich vor deinem riesigen Grab stehe, versuche ich dem Wahnsinn in meinem Kopf Einhalt zu gebieten, ich versuche nicht, an den winzig kleinen Sarg, der so unendlich viel zu klein gewirkt hat, zu denken- der alleine unter der Erde liegt, ich versuche nicht daran zu denken, was gerade mit deinem wunderschönen, perfekten, kleinem Körper passiert. Ich versuche nicht an diese beklemmende Enge zu denken.
Ich versuche nicht daran zu denken, wie nah und doch unendlich fern du bist, wenn wir wieder eine Schicht Erde auf deinem Grab verteilen. Ich versuche nicht daran zu denken, dass ich noch mehr Distanz zwischen deinem Körper und uns schaffe.
Ich versuche mir vorzustellen, dass ich dich zudecke, kleiner Prinz. Ich versuche daran zu denken, wie du über diese weite Wiese laufen und dabei lachen würdest.
Aber dieses abartige Gehirn, lässt keinen Raum für Phantasie, es ist zu analytisch, es beschäftigt sich mit der Realität, mit dem Prozess den dein Körper durchläuft. Und einmal mehr muss ich kämpfen, mich nicht zu übergeben.
Am liebsten möchte ich dich ausgraben und einfach nur in meinen Armen halten. Aber das darf ich nicht. Ich darf mich auch nicht neben dich legen kleiner Hase, noch nicht, denn noch habe ich meine Aufgaben hier. Aber nichts sehne ich so sehr herbei, wie den Tag an dem ich meine Augen schließen darf und du mir strahlend entgegen läufst. Nachts hingegen erfüllt mich eine Ruhe an deinem Grab, der Schmerz vergeht nicht, doch die wunderschönen, liebevollen Erinnerungen an dich, sind dann greifbarer.
Mein Gehirn erlaubt mir in der Dunkelheit zu träumen...
Bis heute komme ich nicht damit klar, wie das Leben weiterläuft, als wäre nichts passiert und doch ist nichts mehr wie es war. Ich erinnere mich an den Tag nach deinem Tod. Ich bin fast die ganze Nacht draußen gesessen, die Kälte habe ich nicht einmal wahrgenommen, denn die Kälte und die Verzweiflung in mir waren so übermächtig, dass sie keine weiteren Gefühle und Wahrnehmungen zugelassen haben. Ich bin da gesessen und ich weiß heute noch genau, wie ich plötzlich diese Panik in mir gespürt habe, als die Sonne aufging, noch dazu strahlend hell und es fühlte sich so falsch an. Der Gang zum Rathaus um deinen Grabplatz zu reservieren, war der reinste Horror. Dein Papa und ich mussten durch die Innenstadt und während jeder Schritt für uns ein Kraftakt und Überwindung war, feierte Mattersburg ausgelassen das Faschingsfest. Dein Papa und ich hielten uns gegenseitig an der Hand und zusammen haben wir es irgendwie geschafft. Aber dieses Feiern und diese Normalität haben so weh getan. Warum durfte das Leben für alle anderen so normal weitergehen, wo deines doch ausgelöscht und unsere zerstört waren.
Bis heute komme ich mit dieser Normalität nicht klar, ich habe das Gefühl sie erstickt mich und doch sieht man es nicht, denn die Maske sitzt perfekt kleiner Martin. Diese Woche hatte deine geliebte Jozefina ihren ersten Schultag, du hättest den Trubel geliebt und wir hätten wahrscheinlich damit zu kämpfen gehabt, dass du dich nicht direkt zu ihr in die Klasse setzt. Mir machen diese Menschenmengen Angst, die teilweise neugierigen, teilweise mitleidigen Blicke sind der Horror. Jozefina und Miro haben vor der Schule Fotos gemacht und dieses Fotos wirken so falsch.
Und die größte Angst habe ich vor nächster Woche mein kleiner Löwe. Du und Miro habt euren 6. Geburtstag und ich weiß nicht, wie ich es schaffen soll, für unseren Miro zu lachen und mich zu freuen, wo der Schmerz und die Trauer so präsent sind. Ich habe Angst, Angst davor einfach zusammen zu brechen. Alleine der Gedanke an euren Geburtstag, lässt mich erstarren und nimmt mir die Luft. Im Moment schaffe ich gar nichts mehr kleiner Martin, im Moment überlebe ich, mehr schlecht als recht, aber irgendwie schaffe ich es.
Du fehlst mir so sehr mein kleiner Martin. Ich bin mir sicher, dass du es im Regenbogen schön hast und dass du auf mich wartest. Aber wer soll dieses Warten noch ertragen?
Ich liebe dich Martin im Regenbogen 🌈 und ich verspreche dir, dass ich die Zeit des Wartens sinnvoll nutzen werde. Doch jetzt gerade fehlt mir die Kraft. Aber ich habe mein Versprechen nicht vergessen mein Sonnenschein, deine Mama braucht nur einen Moment für sich und die Trauer um dich.
Ich liebe dich mein kleiner Herr Schlimm und mir fehlt jede Facette von dir, auch deine wirklich verrückten und nennen wir es Mal, verhaltenskreativen Einfälle. Du warst glückselig, wenn du gemerkt hast, dass du einen Nerv bei mir getroffen hast und ich musste mir dann doch immer ein Lachen verkneifen, wenn ich dein Strahlen gesehen habe.
Du fehlst kleiner Prinz, in jeder Sekunde weint mein Herz nach dir. Ich möchte schreien, ich möchte weinen, ich möchte alles um mich herum zerstören und dich funktioniere ich mein Strahlemann, denn ich weiß, dass ich mein Versprechen halten muss und das kann ich nicht, wenn ich mich meinen Gefühlen hingebe, das kann ich nur wenn ich funktioniere.
Die Menschen um uns herum, meinen es lieb, wenn sie sagen, wir müssen auf unsere Grenzen achten, aber würde ich meine Grenzen achten, würde ich jetzt schon neben dir liegen, zusammen zugedeckt mit Erde. Die Menschen verstehen nicht, dass die Option des Grenzen beachtens eben keine ist. Sie meinen es gut lieber Martin, aber sie können es nicht verstehen und darum bin ich froh - froh, dass sie nicht fühlen müssen, was wir fühlen.
Wir lieben dich Martin im Regenbogen 🌈 und egal wohin unser Weg uns führt, du bist ganz nah bei uns, denn wir nehmen dich in unseren Herzen mit, auf jedem Schritt den wir gehen begleitest du uns. Wir lieben dich und diese Liebe währt ewig. ❤
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Steffi (Donnerstag, 14 September 2023 07:36)
Liebe Monika, Papa Martin, Jozefina und Miro. Es tut unendlich weh euer Leid zu lesen. Niemand kann dies verstehen. Ich würde gern etwas richtiges schreiben, aber es fühlt sich alles falsch an. Ich denke an euch und schicke euch Kraft das Leben zu bewältigen. Ich denke an Martin. Ich denke an eure beiden Kinder, wünsche Ihnen eine weitere gute Verbindung zu Martin und zum Leben. Ihr seit stark, kämpft täglich, stündlich und irgendwann seht ihr euch wieder.
Ich arbeite mit Erwachsenen Autisten und so schwer wie es manchmal sein kann, so schön ist es das sie "existieren", sie geben unserer Welt einen anderen Blickwinkel, jetzt müssen wir diesen noch für alle sichtbar machen. Alles Alles Gute ihrer Familie